Sterben um zu fühlen

Wenn ich an dich denke, und Kriege sehe, wo früher ein Mond aufgegangen war, dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich dir den Rücken zuwenden werde.

Wenn meine Hände dich berühren, und ich mir wünsche, Finger würden zu Rasierklingen werden, um Schnitte zu hinterlassen, dort, wo sie früher Gänsehaut provozierten, dann ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich mich abwenden werde.

Wenn du nicht mehr in meinen Träumen auftauchen wirst, wenn ich im Schlaf dein Gesicht nicht mehr erkenne, wenn ich einen Grabstein besuche, auf dem ich deinen Namen lese, obwohl dort andere Gebeine ruhen, wenn…ich sterben müßte, um mich wieder zu fühlen, dann ist der zeitpunkt gekommen, an dem ich keine Spuren mehr in deinen Räumen hinterlassen werde.

Und wenn ich gehe, weine nicht um den Verlust einer schönen Erinnerung, die vielleicht nie stattgefunden hat, sondern veruche zu lachen, über diesen neuen Augenblick, ab dem du nicht mehr aufpassen mußt.

Und wenn ich gehe, nimm einen Lappen, und verwische alle meine Spuren, damit du nicht aus versehen das Verlangen verspürst, ihnen zu folgen. Laufe niemandem nach, der vielleicht nie existiert hat, und verstehe, du läufst nur durch deine Gedanken, die mit mir vielelicht nie etwas gemeinsam hatten…ausser dir selbst.

November

1979

November. Nacht. Der kleine Junge sitzt unter dem Schreibtisch. Betrachtet den Gummisoldaten, tippt ihn an, so das er hin und her schwingt.
„Sag was.“ - flüstert der Junge, „wie fühlt sich das an?“
Nichts.
Der Soldat schwingt sich aus, dreht sich an dem Bindfaden.
„Wie fühlt sich das an?“
Nichts.
Wieder tippt der Junge das Spielzeugmännchen an. Die Spitze vom Gummigewehr ist verbogen.
Der Soldat schwingt, und schwingt, und pendelt sich aus.
„Los, sag es, du verdammter Mann, wie fühlt das sich an?“
Der Junge ist wütend, seine Frage ein Zischen. Er darf nicht so laut sein, sonst weckt er seine Mutter, die mit ihm in diesem Raum schläft.
Und wieder hängt der Soldat still. Zuckt nicht. Dreht sich nur ganz leicht, als der Junge gegen ihn pustet.
„Morgen früh schaue ich wieder nach. Und ich lasse dich hier hängen, bis du es mir sagst!!!“
Vorsichtig kriecht er unter dem Tisch hervor, schleicht zu seinem Bett und schiebt sich leise unter die Bettdecke.
`Morgen muß er es mir sagen`, `morgen ist sein Tag´! Denkt er noch und ist schon fast eingeschlafen.
Beinahe hätte er Papa gesagt, weil er so wütend war, unter dem Tisch, aber er wollte jetzt nicht weinen, nicht hier, und nicht so dicht bei seiner Mutter. Er wollte es nur wissen.

Der Autor will ...

1Alexander

Bücher verkaufen, den Alltag aufschreiben, Kaffee trinken, oft zuviel, manchmal Geschriebenes vorlesen, mal laut, mal leise, Musik auf den Tag abstimmen, oft dabei scheitern, weil die Stimmung zu oft wechselt...schlafen, wenn es geht, oder am offenen Fenster rauchen und ...mit einer wundervollen Frau an einem unendlichen Buch schreiben ...

Über den Autor ...

Geboren in Berlin, nach 10 Klassen einen Metallberuf erlernt und wieder aufgegeben, dann Wende, dann Abitur, vorher Zivildienst, dann Studium, abgebrochen, und am Ende Buchhändler...noch vor der Rente...in dieser Zeit immer öfter geschrieben, seit 2003 bei den Lautmalern, vorher NUREMBOURGH gegründet, musikalische Lesung eigener Texte, mit CD im Selbstverlag, 2008 "Blut" in Vision und Wahn Anthologie veröffentlicht, seit 2008 bei den Spree AG lern, und jetzt mal sehen ...