Zwischen den Gleisen (2001)
Ein Narr, der sich in ungünstigen Augenblicken Arbeiter nannte; nun das Gleis im Nacken, den Rücken auf Bohlen, und Schotter dazwischen.
Da liegt er.
Die Schminke ist Brückenstaub und an den Händen noch die Krümel von dem Brot für eins zwanzig. Während er liegt, wartet, mit unruhigem Fuß in festem Lederschuh, kommt ihm das Leben in seine Gedanken. Es zieht nicht vorbei. Und wenn, dann wäre er zu müde, den Film zu verfolgen.So berühren ihn Sequenzen, in Vielen ist Farbe, vielleicht das Nachtlicht oder auch die Blume im Haar seiner Mutter.
Vielleicht war es auch sein Leben, das mit der Farbe.
Der Mond zwinkert im Deckel seiner Thermoskanne, und im Kaffee, den er sich noch schnell eingegossen hat.Schluck für Schluck trinkt er liegend, trinkt den Mond aus dem Becher, und sieht ihn nicht einmal.Einzelne Tropfen rinnen am Kinn entlang, runter an seinem Hals.
Auch das ist Warten, und wieder Sequenzen, und alles ist Farbe.
Schön war es in Wien, auch ohne die Kinder.Auch ohne Marie die ihn zu dieser Reise ermutigt hatte.Als er zurückkam, musste er drei Menschen begraben, das Auto trotzdem weiter abbezahlen. Die Trauer stand nicht im Vertrag. Es tut ihnen sehr Leid. Auf der Beileidskarte war das Fordzeichen, und mit der Karte kam die Aufforderung für die weiteren drei Raten.
Ein Narr, denkt er, der in ungünstigen Augenblicken trotzdem lächelte, und er dreht sich auf die Seite. Das Gleis am Ohr, und Schotter unter der Schulter. Die Beine jetzt gewinkelt, Staub an dem Anzug. Die Schminke gestreift von Tränen, die er vorher nie geweint hat. Auf den Bohlen ist Farbe, Nummern in rot, die er nicht sieht. Gäbe es einen letzten Gedanken, wäre dieser zu lang für nur einen Gedanken.
Und jetzt kommt die Wut. Der Narr, der er nie war, und doch immer dachte, er sei es gewesen, richtet sich auf, und erhebt sich sogar.
Der Kaffee, noch heiß in der Kanne, bleibt liegen, dort zwischen den Gleisen, und der Mond bleibt auch dort, als Funkeln auf dem summenden Metall, während der Arbeiter müßig seine Sachen beklopft und den Damm besteigt, mit nichts in den Händen. Die Krümel sind weg, gekrümmt die Finger, fast schon zu Fäusten geworden.